Meine Kolumne "Philosophische Sentenz des Monats" auf der kommerziellen Website "Geschenke aus den Museen der Welt".
Philosophische Sentenzen von 2016


Helmut Hille
Was ist das Geistige?
15.01.2016

1. Wie aus Körpersprache Begriffssprache wurde
Die Generierung des Geistigen habe ich in WEGE DES DENKENS wie folgt beschrieben: Was bei der Vermenschlichung des Gehirns durch die Sensibilisierung der Hände dank des aufrechten Ganges so zugenommen hat, ist die Fähigkeit, geistig neue Bedeutungen zu generieren und mit ihnen ein immer reicheres Geistesleben zu entwickeln. Die reale und die verstandesmäßige Aneignung der Außenwelt gingen Hand in Hand, was wörtlich zu nehmen ist: mit den Möglichkeiten des differenzierten Greifens (Fingerspitzengefühl) wuchs das Begreifen. Begriffe wurden erarbeitet. Aus dem Fassen wurde das Erfassen, aus dem Bedeuteten, was beim Hindeuten gemeint ist, wurde die Bedeutung. Ebenso wurde aus der aufklärenden Gebärde des Weisens das Ver- und Beweisen. Schließlich entstand durch die Differenzierung der die Körpersprache begleitenden Laute die Begriffssprache. Dieser Prozess zeigt, was das Geistige ausmacht: Das Geistige ist die nach innen verlagerte Auseinandersetzung mit der Welt.

2. Das Geistige hat seine eigene Kompetenz
Das Geistige bildet die Außenwelt nicht einfach ab, sondern eignet sich anhand eigener Kriterien so an, dass es mit ihr geistig umgehen kann. So trat z.B. an Stelle langer Aufzählungen vieler einzelner ähnlicher Objekte ökonomisch die Verwendung von Sammelbegriffen, die "Universalien". Universalien existieren nur im Kopf des Menschen, jenseits von wahr und unwahr. Irgendein Beweis ist mit ihrem Vorhandensein noch nicht erbracht - außer den Beweis der Geistigkeit selbst, als eine den Menschen steuernden Kraft.
      Zur Kompetenz des Geistes gehört es, Begriffe und Ideen zu bilden, die an seiner Verständigkeit ausgerichtet sind. Mit ihnen formt er Hypothesen, die er an die Außenwelt heranträgt und probiert, in wie weit sie sich bewähren. "Wahr" ist ihm dann, was sich bewährt, z.B. die Bedeutungen "Beute", "Feind", "Freund" oder "Sexualpartner". Wer so vorgeht, bleibt auf der Spur der Wirklichkeit. Das ist oft mühsam. Leichter fällt es da, am Schreibtisch einfach einer Idee nachzuhängen und sich mit ihr ein Bild der Außenwelt zu schaffen. Dieses kann nützlich aber auch gefährlich sein, tritt es doch an die Stelle von Wissen. Ideen, wie zutreffend sie auch seien, lenken das Denken und Handeln der Völker, z.B. die Idee der Freiheit oder die der Weltbeglückung und der Weltherrschaft.

3. Das Geistige will sich mitteilen und erproben
"Das Einzige, dessen es zur Schöpfung einer Sprache bedarf, ist eine hinlänglich große Zahl von Gesprächspartnern." Von intelligenten Gesprächspartnern! Das Geistige will sich mitteilen und erproben, um daran zu wachsen. Um sich mitteilen zu können, muss es sich der Sprache, auch in Form der Körpersprache bedienen. Sprache soll Beutungen transportieren. Ohne Bedeutungen bleibt Sprache leer. Das Gesprochene in Form von Wörtern, Gesten und Zeichen ist so nur das Hilfsmittel des Geistes, dessen Intention verstanden sein will und das auf ein Gegenüber als jemand Verständigen setzt. Auch die Hervorbringungen des Geistes wie Kunst, Dichtung, Mystik, Religion, Wissenschaft und Philosophie wollen verstanden sein. Diese Schöpfungen sind der immerwährende Versuch der Vermittlung dessen, was Menschen geistig-seelisch, also im Innersten bewegt

4. Das Geistige ist der Ort der Freiheit
"Die Gedanken sind frei." Und diese Freiheit des Schweifens unabhängig von der Realität ist die Quelle aller geistigen Leistungen in Politik, Literatur und Kunst. Picasso brachte es auf den Punkt: "Die Natur ist da. Mein Bild ist auch da." Damit wies er auf die Autonomie des Kunstwerks hin, die der Autonomie des Lebendigen entspricht, das nach eigenen Gesetzen agiert und reagiert. In dieser Unabhängigkeit aber liegt auch immer die Gefahr, den Bezug zur Realität zu verlieren. So muss es immer wieder Menschen geben, die diesen Bezug herstellen und halten wollen, soll eine Gemeinschaft das Leben meistern können.

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS
II. Das Verhältnis von Denken und Sein
(II/1a) Gadamer und das hermeneutische Problem
http://www.helmut-hille.de/gadamer.html


Helmut Hille
Emergenz - der Schlüssel zum Verstehen der Welt
15.02.2016
In der Sentenz vom September 2015 "Alles was Sache ist" hatte ich am Schluss das Wort "selbstverständlich" als ein von den Philosophen leider nicht beachtetes Schlüsselwort bezeichnet, denn es gibt kein tieferes und sicheres Wissen, als das, was sich von selbst versteht. Wenn wir das verstehen, werden wir uns als rationale Wesen selbst verständlich, um was es uns doch gehen müsste. Das Schüsselwort zum Verstehen der Welt dagegen ist "Emergenz". Es kommt aus der englischen Metaphysik und bezeichnet das Auftauchen neuer Eigenschaften, in der Regel durch innige Verbindung oder auch durch Trennung von Komponenten, so wie aus der Verbindung weiblicher und männlicher Gene ein Kind entsteht, dessen Aussehen und Charakter nicht vorhergesagt werden kann. Antike Philosophen nannten diesen Prozess "Mischung", was die moderne Forschung sowohl in der Chemie als auch in der Physik glänzend bestätigt hat. Aus Sauerstoff und Wasserstoff entsteht Wasser, was man den beiden Komponenten vorher nicht ansehen konnte. Bereits wenn sich an eine Atomhülle weitere Elektronen anlegen, ändert sich das Element nach außen hin, was sich als Isotop zu erkennen gibt. Oder der Wasserstoff hat nicht nur ein Proton im Atomkern, sondern zusätzlich noch ein Neutron, was in Verbindung mit Sauerstoff "schweres Wasser" ergibt, das weniger reaktionsfähig als normales Wasser ist und dadurch die Grundlage von Schwerwasserreaktoren wurde.

Für "Emergenz" gibt es nicht einmal eine allgemein anerkannte deutsche Übersetzung, so dass es mich nicht wundert, dass von meinen Texten in Versform auf ZEIT UND SEIN der Text [6] "Emergenz contra Reduktionismus" mit Abstand die meisten Zugriffe aller meiner Texte hat. Mit "Emergenz" ist weder das Auftauchen von Qualitäten aus dem Nichts gemeint, noch von Eigenschaften, die irgendwo schon immer fertig existierten. Emergente Eigenschaften sind Qualitäten, d.h. nach außen gerichtete Wirkungen, die sich erst in einer neuen Verbindung erweisen. Sie existieren somit vorher zwar potenziell - doch ohne dass die einzelnen Emergenzpartner sie besitzen! Daher ist es nicht möglich, das Emergente allein durch die daran beteiligten Wirkpartner zu erklären, wie dies die Reduktionisten versuchen, weil ja etwas Neues entstanden ist, zum Beispiel Leben. Leben ist eine Organisationsform, welche die Materie regiert mit dem Ziel, sich als Form selbst durchzuhalten, indem es Nachkommen mit gleichen Fähigkeiten produziert, während der Organismus letztlich vergeht.

Auch das Geistige ist ein emergentes Phänomen, indem die durch die Sinne hereinströmenden neutralen Daten nach den Erfordernissen des Lebewesens bewertet werden, die dann Grundlagen seines Verhaltens sind. Ohne eine solche Anverwandlung von Daten an unsere Bedürfnisse bliebe uns die Welt fremd. Wir gehen mit der Welt immer so um, wie sie sich in unserem Kopf zeigt. Erst wenn es mal nicht funktioniert, versuchen wir die Welt so zu verstehen, wie sie für sich selber ist. Am besten gelingt es dadurch, dass wir unsere Erfahrungsweise in unsere Bewertung mit einbeziehen. Das heißt man, die Rolle des Beobachters beachten, was viele jedoch gar nicht mögen, weil es sie der Illusion ihrer Objektivität beraubt, was gerade Naturwissenschaftler überhaupt nicht schätzen.

Auch die Welt selbst - unser Kosmos - entstand durch Emergenz, "Urknall" besser "Big Bang" genannt, der alle vorherigen emergenten Eigenschaften einer zusammenströmenden Materie löschte, ihr jedoch die kosmische Fliehkraft aber auch durch ihre Verschränkung die Schwerkraft verlieh, die alle Teile zugleich zueinander hinstreben lässt. Der von uns bewohnte und beobachtbare Kosmos ist das getreue Abbild dieser beiden widerstreitenden Urkräfte, wobei sich die Schwerkraft im "Kleinen" bei der Bildung von Himmelskörpern, Planetensystemen und Galaxien durchsetzt, bei der Schwer- und Fliehkraft im Gleichgewicht sind, während die kosmische Fliehkraft im Großen für die beschleunigte Expansion des Kosmos sorgt. Eine Annahme eigener Kräfte dafür, wie dunkle Energie, erübrigt sich. Das nenne ich, die Welt - ohne Hilfsannahmen und Rest - so einfach wie möglich zu verstehen.

Zum Weiterlesen:
ZEIT UND SEIN
Erhellungen von Helmut Hille
Texte in Versform
[6] "Emergenz contra Reduktionismus"
http://www.helmut-hille-philosophie.de/emergenz.html


Helmut Hille
"Der bestirnte Himmel über mir…"
15.03.2016
Dies ist gewissermaßen eine Fortsetzung meiner vorhergehenden Sentenz "Emergenz - der Schlüssel zum Verstehen der Welt". Emergenz ist dabei die Weltformel ohne Formel und steht für ein offenes Universum, in dem immer wieder ungeplant Neues entsteht, was auch Raum für menschliche Freiheit und Verantwortung lässt. Jetzt kommt es darauf an, Mensch und Welt in einem zu sehen. In meinen Vortrag von 2009 vor der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, der für eine "Kosmologie ohne Scheuklappen" warb, nannte ich als Ziel des Nachdenkens (Zitat): "Der gegliederte Kosmos ist die größtmögliche Darstellung eines emergenten Phänomens, während vernunftbegabtes Leben die am stärksten emergente Erscheinung ist, von der wir wissen. Ich denke, die Gemeinsamkeit beider angemessen zu verstehen, ist die größte Herausforderung eben dieser Vernunft." Wie ich später feststellte, hat diese Herausforderung auch schon Kant bewegt, als er in der "Kritik der praktischen Vernunft" den bekannten Satz schrieb: "Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. ... (und wie) ich mich mit allen jenen sichtbaren Welten nicht wie dort in bloß zufälliger, sondern (in) allgemeiner und notwendiger Verknüpfung erkenne."

"Der bestirnte Himmel über mir" nimmt Bezug auf Newtons Dynamik, welche mit Hilfe "der Zentripetalkraft" (Schwerkraft), als eine allgemeine Eigenschaft aller Materie, das Kreisen der Planeten um die Sonne erklärt. "Das moralische Gesetz in mir" ist Folge der Verantwortung, die der Mensch aufgrund seiner Freiheit für sein Denken und Tun hat. Um sich jedoch nicht verantwortlich zu sehen, sind ängstliche Menschen lieber Deterministen und glauben, dass alles von Gott oder vom Schicksal vorherbestimmt ist, was man heute aufgrund der Mächtigkeit der Menschheit nur "verantwortungslos" gegenüber unsere Zukunft nennen kann. Einstein als Autist wollte da nichteinmal Gott eine Freiheit bei der Schaffung der Welt zugestehen, geschweige den Menschen in ihrem Tun. In der Einsteinbiographie von Jürgen Neffe heißt es dazu auf Seite 357: "Vor allem der 29. Lehrsatz Spinozas in der Ethik hat es Einstein angetan: "In der Natur gibt es kein Zufälliges", heißt es da, "sondern alles ist vermöge der Notwendigkeit der göttlichen Natur bestimmt, auf gewisse Weise zu existieren und zu wirken." "Gott darf nicht einmal Zufall spielen. ..." "Gott würfelt nicht." Weil der Mensch dadurch moralisch entlastet ist, finden das viele samt seinem Autor sympathisch und versuchen zu ihrer Vergewisserung mit aller Macht die "Richtigkeit" seiner übrigen Thesen "zu beweisen". Die Lauterkeit der Argumentation bleibt dabei unvermeidlich auf der Strecke.

Für mich ist das Philosophieren das Ringen um die Freiheit des Geistes. Das gelingt am besten, wenn man mit Hilfe der Hirnforschung versteht, wie das Gehirn arbeitet. Das nennt man Neurophilosophie. Dabei muss man sich nicht einmal mit vielen Einzelerkenntnissen der Hirnforschung plagen. Bereits, dass wir es mit zwei nur über einem Kanal, dem Corpus Callosum, verbundene Hirnhälften mit unterschiedlichen Funktionen zu tun haben, gibt den entscheidenden Hinweis: in der Regel versucht die linke Gehirnhälfte das zu formulieren, was die rechte Gehirnhälfte weiß, wobei dieses Wissen als Weltbild jedoch nur kompakt als Extrakt vorliegt. Wenn wir das Gefühl haben, dass das von jemand Gesagte mit dem von uns Gewussten übereinstimmt oder sich aus ihm als logische Folgerung ergibt, sind wir geneigt, es für "wahr" zu halten. Der Wahrheitsanspruch bezieht sich immer auf unser Wissen - wie zutreffend es auch sei! Kein Mensch wird doch ernstlich eine Aussage über etwas "wahr" nennen wollen, von dem er nichts weiß! Wenn wir uns also klar gemacht haben, dass wir als Lebewesen nicht nur biologisch sondern auch mental selbstreferentiell sind, bleiben wir tolerant und für neue Erfahrungen und Erkenntnisse geistig offen - so offen wie das Universum eben. Nur so, können wir das Leben meistern!

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS
II. Das Verhältnis von Denken und Sein
(II/7a) Was ist und wie entsteht Information? oder Die Rolle des Beobachters
http://www.helmut-hille.de/page22.html


Helmut Hille
Das Ingenium
15.04.2016
Das Ingenium bezeichnet lt. DUDEN "schöpferische Begabung; Genie" und ist das nicht Erlernbare, das auf seine Entfaltung wartet. Es ist ein Geschenk der Natur, das den Menschen den Aufstieg zu einem Kulturwesen ermöglicht hat. Jeder muss etwas von diesem Ingenium in sich tragen, will er die Wechselfälle des Alltags meistern und ihnen nicht ausgeliefert sein. In dieser Form ist es uns etwas Selbstverständliches. Auffällig wird es erst, wenn Menschen zu nicht alltäglichen geistigen Leistungen fähig sind, sei es in der Kunst, der Wissenschaft aber auch in der Öffentlichkeit. Die größten Ingeniien sehe ich bei den Komponisten, die oft schon in sehr jungen Jahren ihre Begabung zeigen, die dann nur noch geschult werden muss, um sich mitteilen zu können. Mozart war ein solches Genie. Er schrieb seine Werke nieder, ohne sich einmal korrigieren zu müssen. Sie lagen einfach vor ihm. Das zeigt die Macht des Unbewussten, die den Menschen steuert, was ihn in solchen überbordenden Situationen im Alltag aber auch mehr oder weniger unbeholfen machen kann. Generell jedoch ist das Bewusstsein das Korrektivorgan des Unbewussten und beides sind wir selbst. Dem Genie und seinen Bewunderern erscheinen die Werke oft als "höhere Eingebungen", da ihre Entstehung eigentlich unerklärlich ist. Gott ist da die Metapher für das Unerklärliche.

Musik und Mathematik haben ihre eigene Logik, die angeboren ist, weshalb sie sich schon im frühkindlichen Alter zeigen kann. Letztlich ist die schöpferische Begabung von Menschen Teil der Schöpferkraft der Natur mit ihrer unendlichen Hervorbringungen auf allen Gebieten. Aber es müssen eben auch glückliche Umstände dazu kommen, dass sie sich zeigen kann. Das größte Schöpferpotential ist dabei durch Emergenz gegeben, bei der Verbindung unterschiedlicher Komponenten zu einer neuen Einheit, sei es bei den Atomen, den Molekülen, den Genen oder kulturellen Faktoren. Alle Anfänge liegen im Dunklen, da sie nicht abgeleitet werden können. Es entsteht dabei einfach etwas Neues, was vorher nicht da war. Das gilt es zu respektieren.

Neben den Komponisten sind es vor allen Dichter, Baumeister und Ingenieure die Werke "für die Ewigkeit" schaffen. Aber auch Philosophen, z.B. besonders in der Zeit um ca. 500 vor Christi. Laotse in China und Heraklit und Parmenides in Griechenland trugen neben indischen Denkern dazu bei, dass menschliches Denken weltweit eine höhere Stufe der Bewusstheit erlangte, hinter die wir heute nicht zurückfallen sollten. Laotse: "Andere erkennen ist klug, sich selber erkennen ist weise."

Ich habe mir meine Texte nicht mühsam erarbeitet. Es war mir einfach ein Bedürfnis sie zu schreiben und vorzutragen, auch wenn später viel Studium Voraussetzung war. Es begann mit dem Gedicht "Ode an den Spätsommer", das ich als junger Mann einfach so niederschrieb (L1)*. Auch die gereimten Kabarett-Texte, die ich um die dreißig schrieb, machten mir keine Mühe (L17)*. Und später ist mein "Posthumer Brief an Albert Einstein" (I/B8a)* mir am Morgen des 15. Mai 2006 wohl aus innerer Verbundenheit mit ihm völlig ungeplant einfach so in einem Stück aus der Seele geflossen, ohne das ich danach am Brief etwas ändern musste. Einstein wurde auf seine Weise auch von seinem Ingenium geleitet, aber er war als Autist nicht in der Lage seine Aussagen zu reflektieren und sich mit Kritik sachlich auseinanderzusetzen. Einstein: "Ich vertraue auf Intuition". Er empfand seine Überzeugungen als "Standpunkte Gottes". Er wusste einfach nicht, warum er sie hatte.
*auf WEGE DES DENKENS

Ebenfalls ist mein Titel "Das Ingenium" ein Fall von Emergenz. Er fiel mir am Seniorennachmittag am 3. Februar 2016 im Heilbronner Konzert- und Kongresszentrum "Harmonie" unvermittelt ein. Vielleicht spielte da die Erinnerung an die Kesslerzwillinge am selben Ort eine Rolle, die zu der Sentenz vom Juli 2009 "Tanz der verschränkten Quanten" geführt hatte. Zuhause musste ich erst im DUDEN nachschlagen, ob es das Wort überhaupt gibt. Aber es hat ja auch etwas mit meiner Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu tun, weshalb es nicht ganz falsch sein konnte. Doch in den von mir zusätzlich zu Rate gezogenen Philosophischen Wörterbüchern findet es sich nicht, wie vorher schon der grundlegende Begriff des Selbstverständlichen. Und ich selbst hatte meines Wissens das Wort vorher auch noch nie gebraucht. So war es wohl an der Zeit, dass es unvermittelt auftauchend in mein Bewusstsein trat und ich, dem Impuls folgend, es bedenken wollte.

Zum Weiterlesen:
ZEIT UND SEIN
Erhellungen von Helmut Hille
Texte in Versform
[6] Intuition will bedacht sein - Parmenides weist den Weg
http://www.helmut-hille-philosophie.de/intuition.html


Helmut Hille
Grenzen des Denkbaren
15.05.2016
Es ist selbst schon eine große Erkenntnisleistung und zeugt von großer Gewissenhaftigkeit, Grenzen der Denkbarkeit zu erkennen und zu respektieren, wobei diese Grenzen auch vom Stand gesicherter naturwissenschaftlicher Erfahrung abhängen und den durch sie gewonnen Begriffen. Die Philosophie bezeichnet das, was die Grenze des Bereiches möglicher Erfahrung übersteigt als Transzendenz. Immanuel Kant (1724 - 1804) versuchte mit seiner sehr umfangreichen "Kritik der reinen Vernunft" diese Grenze zu ziehen, wobei der Titel schon für das Dilemma menschlicher Vernunft steht - als könne der Mensch noch einen Standpunkt jenseits dieser "reinen Vernunft" einnehmen und sie von daher beurteilen. Dabei ist es ganz einfach: da die Vernunft unser höchstes Vermögen ist, kann es bestenfalls eben "nur" vernünftige Urteile und Wahrheiten geben. Und indem wir unsere Vernunft schärfen, können wir uns der Grenze des Denkbaren von innen nähern.

Dabei gibt es natürliche Grenzen des Denkbaren sowie verordnete oder vereinbarte Grenzen. Letztere sind dann besonders wirksam, wenn sie nicht thematisiert werden, sondern wenn von interessierten gesellschaftlichen Gruppen so getan wird, als handele es sich um Selbstverständlichkeiten, z.B. das alles in der Welt nur rein materiell "erklärt" werden könne. Dieser Haltung entspricht z.B. die Behauptung, dass das Bewusstsein "noch quantenmechanisch erklärt werden müsste", als wäre dies die einzige Möglichkeit, Neuronales zu verstehen. Doch das Neuronale ist eine neue Ebene der Wirklichkeit und lässt sich nicht reduzieren. Oder man beruft sich auf ein einsames "Genie", dessen Gedanken nicht übertroffen werden könnten, was allerdings nur jemand wissen könnte, der einen noch größeren Überblick hat. Friedrich Nietzsche (1844-1900) machte dazu die hellsichtige Feststellung "Nichts ist schädlicher einer guten Einsicht in die Cultur, als den Genius und sonst nichts gelten zu lassen. Das ist eine subversive Denkart, bei der alles Arbeiten für die Cultur aufhören muß" (aus seinem Nachlass Frühling-Sommer 1878). DUDEN 25. Auflage: subversiv (zerstörend, umstürzlerisch). So den Vordenker in den Himmel gehoben wird subversiv alles geistige Bemühen um eigenständige Erkenntnis abgeblockt.

Nun gibt es nicht nur für Religiöse "heilige Bücher", die nicht hinterfragt werden dürfen, sondern auch da, wo es angeblich um vorurteilsfreie Erkenntnis gehen sollte, in der Wissenschaft. Da versuchen eifrige "Forscher" ihren Wissensbesitzstand gegen alle neue Erkenntnis abzuschirmen, sei es aus Eitelkeit, Dogmatismus oder aus Gewinnstreben. Wussten Sie, dass alle Veröffentlichungen in den Wissenschaftsmedien einer nicht greifbaren anonymen Zensur unterliegen, Pree-Review genannt, mit der nicht diskutiert werden kann? Angeblich zur "Sicherung der Qualität", tatsächlich aber zur Ausblendung aller unerwünschten Fakten und Meinungen. Wir haben es hier mit einer hermetischen, sich nach innen und außen abschottenden Wissenschaft zu tun, in der wirklich Neues unerwünscht ist, da es die Machtverhältnisse destabilisieren könnte. Hierzu ein Beispiel: "Ich denke, dieser fundamentalistische Justamentstandpunkt Weinbergs in seinem Buch "Der Traum von der Einheit des Universums" zur Abwehr einer kritischen Hinterfragung ist seinerseits geeignet, die Analyse der philosophischen Relativisten zu bestätigen, daß das, was die Wissenschaft als Realität ansieht, oft genug ein soziales und sprachliches Konstrukt sei, und daß es sich bei der vielgerühmten wissenschaftlichen Objektivität letztlich um den Ausdruck von Machtstrukturen handle, aufgrund derer sich die Wissenschaft durchsetzt." (Prof. Dr. Felix Mühlhölzer, Professor für Philosophie an der Georg-August-Universität Göttingen)

Als mündige und weltoffene Bürger sollten wir unsere inhaltlichen Überzeugungen ohne jede Ängstlichkeit immer unter Revisionsvorbehalt stellen können, wollen wir nicht die Knechte sondern die Herren unserer Meinungen sein. Daher ist in ihrer Intention die Philosophie das Ringen um die Freiheit des Geistes. Diese Freiheit bedingungslos zu lieben ist Voraussetzung dafür, dass sie glücken kann.

Zum Weiterlesen:
ZEIT UND SEIN
Erhellungen von Helmut Hille
Texte in Versform
[24] Grenzen der Erfahrbarkeit und des Verstehens
http://www.helmut-hille-philosophie.de/verstehen.html


Helmut Hille
Wie tot ist Materie?
15.06.2016
Mineralische Materie macht auf uns zuerst einmal den Eindruck, dass sie tot ist, besser gesagt: unbelebt. Denn tot kann ja nur etwas sein, das vorher gelebt hat. Ein Stein also ist unbelebt, tut nichts um seine Situation von selbst zu ändern. Und aus diesem Unbelebten soll durch Evolution das Leben hervorgegangen sein? Da ist die Erklärung durch einen schaffenden Gott doch viel plausibler!

Heute wissen wir dank der Wissenschaft, dass Materie keineswegs tot oder unbelebt ist. Einstein hat mit seiner berühmten Gleichung E = m x c2 (c-Quadrat) uns eine Vorstellung davon gegeben, wie viel Energie in einer solchen Materie steckt. Seine Anhänger deuten die Gleichung als das Maß der Umwandlung von Materie in Energie, obwohl Einstein selbst eigentlich glaubte, die Trägheit der Energie entdeckt zu haben. Aber es ist noch ganz anders: es gibt gar keine unbelebte Materie, die "umgewandelt" werden könnte, was eine alte alchimistische Vorstellung ist, die dem Gedanken zugrunde lag, durch Umwandlung Gold herstellen zu können, um die Finanznot der Herrscher zu beheben. Alle materiellen Körper sind Formen der Energie, deren Bausteine sich in verschiedenen Verbindungen zeigen und die Bindeenergie zwischen den Teilchen ist es, die bei Nuklearbomben freigesetzt wird, wie schon Heisenberg wusste. Und Teilchenbeschleuniger zerlegen die rasenden Teilchen beim Zusammenstoß einfach in neue Muster von Energien.

Alles Existierende ist also portionierte Energie, die bei Beständigkeit der Form den Eindruck von unbelebter Materie vermittelt. Die ist eben nur der äußere Anschein der Dinge. Aber durch Zufall, Versuch und Irrtum haben unsere Vorhaben herausgefunden, wie z.B. durch Feuer solche Materialien, z.B. erzhaltiges Gestein, genutzt werden kann. Nicht zufällig folgen der Steinzeit Eisen- und Bronzezeit als Stadien der Entwicklung der menschlichen Kultur.

Auch der von uns bewohnte Kosmos unterliegt einer Evolution. Aus den einfachsten Verbindungen am Anfang, dem Wasserstoff, sind letztlich alle Elemente hervorgegangen. Diese wurden zumeist bei der Explosion sterbender Sterne erzeugt und gingen verschiedene Verbindungen ein, weshalb es selbst im Weltraum zwischen den Sternen organische Stoffe wie Kohlenstoff gibt. Neben der vom "Urknall" erzeugten kosmischen Fliehkraft, die alles auseinander treibt, gibt es die ebenfall aus dem "Urknall" hervorgegangene Schwerkraft, die durch Verschränkung aller betroffenen Teile diese wieder zueinanderhin streben lässt. Durch sie sind alle Himmelskörper und ihre Organisationen wie Galaxien entstanden und haben dadurch das Weltall zum Leuchten gebracht. Sternensysteme wie unser Sonnensystem sind mit ihrer langen Daseinsdauer dabei Ausdruck eines Gleichgewichts beider Kräfte.

Wenn wir also begreifen, das da, wo wir unbelebte Materie sehen, es ungeheure gebundene Kräfte gibt, die ständig miteinander "ringen" und die von Natur aus eine Verbindungsneigung haben, dann kann man sich schon eher vorstellen, dass unter geeigneten Bedingungen auch einmal Leben entsteht, das leben will und das durch Mutation der Erbinformation sich immer mehr verzweigt. Alles in der Welt ist dynamischer Natur. Es gibt da nirgends einen Stillstand, wie ihn besorgte Menschen sich wünschen. Auch die menschliche Geschichte ist ein Spiegelbild dieser Dynamik, die es deshalb zu berücksichtigen gilt, wenn wir auf der Höhe der Zeit bleiben wollen, um von ihr nicht überrollt zu werden.

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS
Die Kolumne vom Januar 2004
(L9) Hat alles einen Anfang?
http://www.helmut-hille.de/kolumne04.html#1


Helmut Hille
Klarheit und die Form meiner Texte
15.07.2016
Meine Texte in Versform auf meiner Homepage ZEIT UND SEIN
sind in Momenten äußerster Klarheit geschrieben, erkennbar an der bündigen Schreibweise. Diese ist nur möglich, wenn ein Gedanke so klar ist, dass er auf eine möglichst kurze Zeile passt. Das Thema des so entstehenden "Gedichts" muss zudem im Moment des Schreibens mir im Ganzen klar vor Augen liegen, so dass der Text streng geführt werden kann, wodurch sich dann die "Verse" ergeben. Natürlich muss es dabei um gewichtige Themen gehen, als Beiträge zu meinem philosophischen Weltbild. Infolge dieser strengen Voraussetzungen ist der Themenkanon begrenzt. Auch die Klarheit lässt sich nicht beliebig herstellen, denn sie ist eine Frage der Inspiration und hängt vom Wachsen eben dieses Weltbildes ab.

Die Philosophischen Sentenzen
sind ebenfalls Ausdruck von Momenten äußerster Klarheit. Doch für ein allgemeines Publikum geschrieben ist ihr Themenkanon größer und ihr Stil lockerer. Auch aktuelle Ereignisse können aufgegriffen sein, die dann jedoch möglichst irgendwo eine philosophische Fragestellung streifen sollten. Diese aufzuspüren ist dann gerade das Anliegen der Sentenz z.B. der vom Oktober 2011 "Zum geplanten unterirdischen Gravitationswellendetektor", die das milliardenschwere Vorhaben grundsätzlich hinterfragt.

Jeder Mensch hat ein Weltbild,
das ihn in seinen Vorstellungen und Entscheidungen leitet. Carl Friedrich v. Weizsäcker (1912 - 2007) hat bezüglich der Physiker einmal festgestellt: "Jeder Physiker hat eine Philosophie, und wer behauptet keine zu haben, hat in der Regel eine besonders schlechte." Das heißt: wer seine geheime Philosophie nicht wahrnimmt, hat an ihr auch noch nicht gearbeitet und spricht daher wenig qualifiziert so, wie es ihm gerade einfällt. Prinzipiell gilt das für jeden Menschen. Dass höchste Ziel der Philosophie ist deshalb die Selbsterkenntnis. So stand schon am Tempel von Delphi "Erkenne dich selbst." Der chinesische Philosoph Laotse im 6. Jahrhundert v. Chr. sagte in seinem 33. Spruch: "Andere erkennen ist klug. Sich selbst zu erkennen ist weise." Ich sage gleich auf der Startseite von WEGE DES DENKENS: "Aufklärung heute ist die Aufklärung der Beobachterrolle. Ohne sie bleibt alles Wissen vorläufig." Sie ist daher mein Hauptanliegen in der Überzeugung, dass wir nur auf diesem Wege uns selbst und die Welt angemessen verstehen und die richtigen Entscheidungen treffen können.

Meine weiteren philosophischen und wissenschaftlichen Texte
sind ebenfalls in meinem Streben nach größter Klarheit entstanden, doch kann die Komplexität eines Themas es erforderlich machen, es z.B. unter verschiedenen Gesichtspunkten anzugehen und/oder sich mit einer weit verbreiteten Meinung auseinanderzusetzen. Aber immer bin ich bestrebt, das Thema auf den Punkt zu bringen der einsichtig ist und aus dem sich die Folgerungen zwanglos ergeben. Und wenn es dann ganz klar ist, kann es wieder Texte in Versform geben wie den Extrakt "Mein Weltbild" (Datei II/18)* oder "Rätselhafter Einstein" (I/B8a), oder es ergeben sich in noch höherer Ordnung axiomatisch gegliederte Texte wie "Allgemeine Grundlagen der Mechanik" (I/A10). "Das Verstehen des Verstehens" (III/3), auf Axiomen aufbauend, ist eine grundlegende Zusammenfassung meiner erkenntniskritischen Untersuchungen zu einer bis zuvor nicht existierenden "Theorie des Verstehens". Vorausgegangen ist ihr u.a. die Untersuchung "Parmenides im Klartext" (II/5a), ein Text, der erstmals das verschlüsselte Vorwort seiner in Fragmenten erhalten Schrift "Über das Sein" allgemein verständlich darstellt, worauf ich anschließend das eigentlich in Versen geschriebene Gedicht wenigstens als Gedicht in Versform "Vom Schein zum Sein" (II/5b) in einer neuen Zusammenstellung herausgebracht habe. Texte in Versform und erst recht axiomatisch verfasste Texte sind für mich Ergebnisse äußerster Klarheit.
*alle hier genannten Dateien auf WEGE DES DENKENS

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS
Auf der Startseite:
Mein Leitziel: Klarheit und Redlichkeit
http://www.helmut-hille.de/start.html#felder


Helmut Hille
Ist die Kosmologie nur eine Sache von Physikern?
15.08.2016
Reine Physiker gibt es noch gar nicht solange. Newton (1643 - 1727) sah sich noch als Naturphilosoph. Erst mit der Zunahme des Wissens und der Spezialisierung wurden aus Naturphilosophen Naturwissenschaftler, die sich von der Philosophie mehr und mehr abwandten mit teils schlimmen Folgen. Seit Anfang der abendländischen Geistesgeschichte aber waren es die Philosophen, die sich über den Aufbau des Himmels und den Ursprung der Welt Gedanken machten. Besonders die Vorsokratiker, die noch ungeniert nach der Wahrheit fragten, hatten da Gedanken, die m.E. bis heute nicht veraltet sind. Schon von Anaximander aus Milet (um 611 - 545 v. Chr.), ganz am Anfang aller griechischen Philosophie, ist überliefert: "Der Ursprung der seienden Dinge sei das Unbegrenzte. Denn aus diesem entstehe alles und zu diesem vergehe alles. Weshalb auch unbeschränkt viele Welten produziert werden und wieder vergehen zu jenem, aus dem sie entstehen." Für ihn war also die Welt voller Dynamik. Bekannter ist da Heraklit (ca. 544 - 483 v. Chr.) mit seinem Ausspruch "panta rhei" (alles fließt) und der Aussage "Die gegebene schöne Ordnung aller Dinge [genannt der Kosmos], dieselbe in allem, ist weder von einem der Götter noch von einem der Menschen geschaffen, sondern sie war immer, ist und wird sein: Feuer, ewig lebendig, nach Maßen entflammend und nach [denselben] Maßen erlöschend." "In diesem ewigen Auf und Ab wird aus Einem alles und aus allem Eines. Alles fließt, aber in diesem Fließen waltet der Logos als Gesetz…" Die Dynamik allen Geschehens war diesen Philosophen ganz selbstverständlich.

Es ist einfach ein Anliegen der Philosophie alles und das Ganze zu bedenken, während Physiker mehr geneigt sind, die Kosmologie zur Stützung ihrer Überzeugungen einzusetzen. Am Ende des 19. Jahrhunderts, der beunruhigenden Dynamik abgeneigt, wünschte man sich eher ein statisches Universum. Anfang des 20. Jahrhunderts ersann Einstein dazu sogar einen durch keinerlei Fakten belegten rein mathematischen "kosmologischen Term", welcher die Dynamik der Welt ausbremsen sollte. Der Autor des Artikels "Das Universum nach Einstein", Prof. Norbert Straumann, fragt: "Weshalb war Einstein so darauf versessen, ein statisches Modell zu konstruieren?" Ja, es war nicht so sehr wissenschaftlicher Eifer sondern eher Panik, die ihn als Autisten nach einem konstanten Universum suchen lies. Aber dann entdeckten die Astronomen die Rotverschiebung des Lichts entfernter Galaxien, die ihnen ihre "Flucht" von uns weg nahe legten, weshalb Einstein nach langer Auseinandersetzung mit dem Phänomen seinen Term verwarf.

Doch es wäre gar nicht nötig gewesen auf Hubbles Entdeckung der Rotverschiebung und die Urknallthese zu warten, denn jeder Kosmologe müsste sich doch fragen, was die Quelle der gewaltigen Energie ist, die riesige Sternensystem herumwirbeln lässt. Aber sie fragen einfach nicht! Daher gibt es noch immer Anhänger eines statischen oder pulsierenden Universums ohne Urknall, die nicht so recht an den ungemütlichen Big Bang glauben können. Lieber reden einige bei der Rotverschiebung davon, dass das Licht auf seinem langen Weg zu uns "ermüden" würde wie ein Wandersmann auf einem langen Marsch. Dabei kennt das Licht, wie jedes andere physikalische Objekt, weder Weg noch Müdigkeit, sondern verharrt lediglich in seinem ausgesandten Zustand, solange keine Kraft, wie die Schwerkraft, an ihn angreift (Newton, 1. Axiom). Wegstrecken und Geschwindigkeiten scheinen ja immer erst dann auf, wenn Beobachter Dinge miteinander in Beziehung setzen. Doch sie selbst bleiben von sich aus wie und was sie sind. Was gibt es daran nicht zu verstehen? Kann etwas noch selbstverständlicher sein?

Nur jemand der auf die Empfindlichkeiten einer Community nicht Rücksicht nehmen muss und dem es vorurteilsfrei um das Ganze in seinem Zusammenhang geht, wie ein Philosoph, ist unabhängig genug, um wie die Vorsokratiker nach der Wahrheit, und nichts als der Wahrheit zu suchen. Auf diese Weise sind in Ernsthaftigkeit auch meine Texte zur Kosmologie entstanden.

Zum Weiterlesen:
ZEIT UND SEIN
Erhellungen von Helmut Hille
mein DPG-Vortrag von 2005 auf (1):
Antike Denker für ein dynamisches Universum ohne Grenzen in Raum und Zeit
http://www.helmut-hille-philosophie.de/t-universum.html


Helmut Hille
Der Stoiker Epiktet
15.09.2016
Aus dem griechischen Anatolien stammend, war Epiktet (ca. 50 - 138) ein römischer Sklave, der später frei gelassen wurde. Er muss bereits zu den Philosophen gezählt worden sein, als er bei der Philosophenverfolgung durch Domitian (51 - 96) um 90 aus Rom vertrieben wurde. Er flüchtete nach Nikopolis in Epirus, der nordwestlichen Provinz Griechenlands gegenüber Korfu. Von Seneca beeinflusst gründete er dort eine Philosophenschule. "Er lehrte als Stoiker: Das erste in der Philosophie ist unterscheiden lernen, was in unserer Gewalt steht und was nicht. Nicht in unserer Gewalt steht: alles Äußere, das Leibliche, Besitz, Ansehen. Nicht diese Dinge selbst, sondern nur unsere Vorstellung darüber machen uns glücklich oder unglücklich; unser Denken und Begehren aber, und somit unser Glück, steht in unserer Gewalt." Er lehrte den politisch entmachteten und weitgehend rechtlosen Massen des spätrömischen Imperialismus einen Rückzug auf die Innerlichkeit. In dieser Beschränkung liegt der Schlüssel für ein Leben in "stoischem Gleichmut".

Was wir heute über die Lehre Epiktet wissen, verdanken wir den Aufzeichnungen seines Schülers Arrian, den "Unterredungen", woraus als Auszug davon z.B. das "Handbüchlein der Moral und Unterredungen" hervorging, erschienen im Kröner Verlag Stuttgart (11. Auflage 1984). Ich denke Epiktets Gedanken über das, was in unsrer Gewalt steht und was nicht, sind auch heute noch - und werden es wohl immer sein -, Anleitungen für ein geordnetes Leben mit dem Glück der Innerlichkeit. Für dieses habe ich auch in einigen hier erschienenen Sentenzen geworben. So heißt es in der Sentenz vom Januar 2012 "Alles ist ein Leben": "Es ist an der Zeit, für eine andere Lebensqualität zu werben. Nicht mehr die Anhäufung materieller Güter und die Befriedigung immer neuer Egotrips darf das Ziel sein, sondern - bei einer Grundversorgung mit allen überlebenswichtigen Gütern - das Erschließen der Innerlichkeit, um so die Fülle des Seins zu erfassen." Ganz ähnlich in der Sentenz vom Februar 2014 "Meister Eckhart und das Sein an sich", wo es zum Schluss heißt: "Zugleich möchte ich mit ihnen den rastlosen modernen Menschen eine Ahnung davon vermitteln, wie Sinn gebend und Sinn erfüllend ein Leben sein kann, das um Seinserfahrung ringt und dabei die Kraft und das Glück einer in sich ruhenden Innerlichkeit erfährt, die sich der ringsum angebotenen Zerstreuung entzieht."

Epiktet geht es um die Sinnfrage des Lebens, die gar nicht ernst genug genommen werden kann. So heißt es gleich in Kapitel 1 des Handbüchleins: "Wenn du so Großes erstrebst, bedenke: es reicht nicht, in flüchtigem Interesse die Hand danach auszustrecken. Du musst manches für immer lassen, manches für den Augenblick. Wenn du aber daneben auch noch Ehrenstellen und Reichtümer jagst, so wirst du vielleicht, weil du zugleich jenes erstrebst, nicht einmal diese erlangen. Sicher wirst du das verfehlen, wodurch allein Glück und innere Freiheit kommen. - Gewöhne dich nun, bei allem, was bedrohlich wirkt, zu (ihm zu) sagen: du bist nicht das, was du scheinst, sondern nur eine Vorstellung. Sodann prüfe es an den Regeln, die du gelernt hast, besonders an der ersten, indem du fragst: gehört es zu dem, was in meiner Gewalt steht, oder nicht? Und gehört es zu dem, was nicht in deiner Gewalt steht, so sage zu dir selber: es geht mich nichts an!"

Entnommen dem "Handbüchlein der Moral und Unterredungen" sowie zwei Philosophischen Wörterbüchern. Ich hoffe, ich kann demnächst hier mit weiteren bedenkenswerten Zitaten von zeitloser Gültigkeit aus dem Handbüchlein aufwarten.

Zum Weiterlesen:
ZEIT UND SEIN
Erhellungen von Helmut Hille
Texte in Versform
[9] Hat das Dasein einen Sinn?
http://www.helmut-hille-philosophie.de/sinn.html


Helmut Hille
Macht und Ohnmacht der Erinnerung
15.10.2016
Das Focus-Magazin Heft 38/16 (17. Sept. 2016) hatte als Aufmacher, mit dem auch geworben wurde, den Titel "Die Macht der Erinnerung", weshalb ich das Heft gleich kaufte. Zum Titelthema gab es folgende Artikel:
Trügerisches Gedächtnis
Die "Memory-Hackerin"
Das Hirn lässt sich trainieren.

Das Erinnern ist ein mehr oder weniger flüchtiges Produkt des Gedächnisses, weshalb man eigentlich von diesem sprechen müsste, wie ich es hier anschließend tu. Es war aber eher die Ohnmacht des Gedächtnisses die vom Magazin dargestellt wird, während von seiner wahren Macht nirgends die Rede ist. So konnte ich nicht umhin, der Redaktion zu schreiben. Interessanterweise gab es am 22. September 2016 im TV (ZDF und 3 SAT) zur besten Sendezeit zeitgleich 2 Sendungen zum genau gleichen Thema. Sicher kein Zufall. Hier mein Leserbrief vom 20. September 2016:

Sehr geehrte Redaktion!

"Die Macht der Erinnerung" haben Sie weit unter Wert verkauft. Es ist eher die Ohnmacht der Erinnerung die Sie darstellen. Auch ist es auch nach Ihren eigenen Beiträgen völlig falsch vom Gehirn als einer Maschine zu sprechen, auch wenn Sie es eine "Illusions-Maschine" nennen. Da haben wohl die Autoren beim Titel nichts zu sagen gehabt und der verantwortliche Redakteur hat ihre Beiträge gar nicht gelesen, bzw. ihm war der Aufmacher wichtiger. So wird Falschwissen verbreitet.

Natürlich ist das wissenswert was Sie bringen und mancher kann daraus eine Lehre ziehen, vor allen, wenn es um den Wert von Zeugenaussagen geht. Aber was das Gedächtnis mit seinem Erinnern wirklich leistet und Wert ist sieht man bei an Demenz erkrankten Personen. Der letzte verständliche Satz der ersten Alsheimer-Patientin soll gewesen sein: "Herr Doktor, ich habe mich verloren." Im Gedächtnis ist unser Menschsein aufgehoben - und man kann es wieder verlieren. Walter Jens war da ein bekanntes Beispiel. Der Wert des Gedächtnisses beginnt aber bereits damit, dass es die durch die Sinne nacheinander aufgenommenen Einzelerlebnisse miteinander verbindet, sonst hätten wir nur Sinneseindrücke ohne Zusammenhang. Wir wüssten dann nichts Zeitliches: es gäbe keine Zeit, keine Bewegung, keine Sprache, keine Melodie! Das ist die wahre Macht des Gedächtnisses, die nicht überschätzt werden kann! Doch kein Wort bei Ihnen.

Die 60 Personen mit "Super Memory" werden leicht von Savants übertroffen, die das nichteinmal üben müssen, wie Kim Peek aus Salt Lake City, der inzwischen leider verstorben ist. Er kannte 12 000 Bücher auswendig, Wort für Wort. Daneben kannte er unzählige Geschichtsdaten, Busverbindungen, das Straßennetz der USA und Kanada, das Fernsehprogramm, die Telefonvorwahlen und die Postleitzahlen. Ich füge Ihnen noch meine Sentenz vom Mai 2010 über zwei weibliche Autisten bei, von "Zwei Menschen, die die Welt noch nie gesehen hat". Sie wurden lange als behindert eingestuft. Erst als sie 39 Jahre alt waren, wurde die medizinische Diagnose "Autisten mit Savantsyndrom" gestellt. Man brachte sie zu Darold Treffert in Wisconsin, dem führenden Savantforscher in den USA, der auch Berater des Film "Rain Man" mit Dustin Hoffman war, der die Diagnose bestätigte. "Die Savants stellen ein einmaliges Fenster ins menschliche Gehirn dar. Solange wir das Savantsyndrom nicht verstehen, werden wir niemals verstehen, wie unser Gehirn funktioniert" sagte Treffert. Heute denkt man, dass Störungen der für die Kommunikation zuständigen linken Gehirnhälfte durch die rechte Hälfte, in der u.a. das Gedächtnis verortet ist, teilweise kompensiert werden - aber eben vor allem mit rein faktischen Gedächtnisinhalten, während die mangelnde soziale Kompetenz bleibt. Gegenwärtig schwärmt man aber eher für stupides Faktenwissen, das ein PC viel besser erledigen kann.

Das schlechte Gedächtnis ist also auch ein Produkt der Evolution, das reines Faktenwissen (der rechten Hirnhälfte) zugunsten der für das Überleben wichtigen sozialen Kompetenz unterdrückt. Savants sind oft (aber nicht alle) im täglichen Leben hilflos, können sich z.B. nicht die Zähne putzen oder die Schuhe binden. Schreiben Sie doch mal etwas über Autisten und Savants! Anregungen finden Sie in meiner Website WEGE DES DENKENS vor allem in der Datei (II/15). Im Anhang der Startseite finden Sie folgenden Ausspruch von mir, der zu Ihren Beiträgen gepasst hätte:

Die Götter im Olymp waren selig,
weil sie über die Illusionsfähigkeit des Gehirns Bescheid wussten.
Sie genossen seine Göttliche Komödie,
während wir Menschen ganz versessen darauf sind, sie zu spielen.

"Ein Mensch ist immer das Opfer seiner Wahrheiten." (Albert Camus)
Wer die Prämissen seiner Urteile nicht kennt, bleibt deren Gefangener.

Aber soviel Aufklärung darf wohl nicht sein.

gez. Helmut Hille

Nachbemerkung: Von der zuständigen Redakteurin des FOCUS erhielt schon wenige Tage später eine sehr freundliche Mail, die meinen Leserbrief "äußerst interessant" fand und mir ihre Titelfindung erläuterte. Bemerkenswert ist auch, dass ZDF und 3sat einige Tage später zeitgleich zur besten Sendezeit genau zum gleichen Thema Beiträge brachten. Am 30. September wurde nun auch noch im SWR3 im Rahmen des "Nachtcafes" zum Thema diskutiert. Dies ist wohl ein Beispiel dafür, wie unsere Medienlandschaft koordiniert wird. Etwas boshaft fragte ich mich, ob wohl mit der herausgehobenen Ohnmacht des Gedächtnisses peinliche "Gedächtnislücken" zur Geldwäsche eines befragten Prominenten plausibel gemacht und entschuldigt werden sollen. Also wohl eine gezielte Kampagne der Regierung.

Zum Weiterlesen:
Die genannte Datei (II/15) auf WEGE DES DENKENS "Autismus als Forschungsgebiet. Formen des Autismus"
bzw. die genannte Sentenz von 2010 "Zwei Menschen, die die Welt noch nie gesehen hat".


Helmut Hille
Lob der Schwerkraft
15.11.2016
Wie wir überall beobachten können, haben wir es physikalisch universell mit 2 Kräften zu tun: der Schwerkraft und der Fliehkraft. Die Schwerkraft hält uns und alle Dingen am Boden des Planeten, die Fliehkraft der Erde hält den Planeten seit Milliarden von Jahren im Abstand zur Sonne, so dass sich auf der Erde Leben entwickeln konnte. Ebenso bewirkt die Fliehkraft des Mondes, dass er trotz der Schwerkraft der Erde nicht auf diese stürzt.

Die Existenz der kosmischen Fliehkraft wird - heute allgemein anerkannt - auf eine Superexplosion am Anfang, den so genannten Big Bang zurückgeführt, dessen Energie alle betroffenen Materie zu einer Einheit verschränkte, die sie zueinander hin streben lässt. Dem wirkt jedoch die gleichzeitig entstandene Fliehkraft entgegen. Durch die am Anfang unseres Kosmos bewirkte Fliehkraft allein würde alle Materie sich stetig voneinander entfernen und sich ohne weitere Folgen in den Weiten des Universums verlieren. Erst die Schwerkraft bremst die Expansion und bewirkt, dass unter geeigneten Umständen sich Materie zusammenballt, woraus der uns bekannte gegliederte Kosmos mit allen Teilen hervorging.

Dank der Schwerkraft entstehen weiterhin neue Sterne, während ausgebrannte alte sich unter dem Druck der Schwerkraft mehr und mehr zusammenziehen und neue Materiezustände bilden, die dann, wie am Anfang des Kosmos, explodieren, wobei deren Energie wiederum die Entstehung neuer Teilchenverbünde bewirkt, die wir als chemische Elemente kennen. Ohne diese Elemente und ohne Sonnen und Planeten, wo die neuen Elemente aufeinander einwirken können, gäbe es also nichts, was wir kennen.

Die Schwerkraft kann daher in ihrer kosmischen Bedeutung nicht überschätzt werden, ist sie doch die Kraft, die sowohl alles zusammenhält, als auch alles Komplexere als Voraussetzung hat. Wir dürfen ihre Deutung deshalb nicht Leuten überlassen, die alles zu Gunsten ihres mechanistischen Weltbildes relativieren wollen. Aber außer dem Big Bang hat die Schwerkraft keine Ursache, sondern sie ist eine und deshalb nicht relativierbar. Sie kann auch nicht "abgestrahlt" werden, sondern ist eine unverlierbare Eigenschaft jedweder Existenz, ganz gleich, in welchem Aggregatzustand sie sich gerade befindet.

Jedes Teilchen und jede Energieform besitzt Schwerkraft und unterliegt ihr. Da gibt es keine Ausnahmen. Sie muss auch nicht zuerst durch den Raum eilen, um etwas zu bewirken, sondern sie ist seit dem Big Bang immer schon am Ort ihres Wirkens, weshalb sie ohne Zeitfaktor ist, wie das Newton schon gesehen hatte. Alle Materie unseres Kosmos ist subatomar eine Einheit, auch wenn wir gewohnt sind, ihre Teile getrennt zu sehen, um sie besser erfassen zu können.

Jede Sekunde unseres Lebens sind wir der Schwerkraft ausgesetzt und es ist klug, sie zu respektieren. Selbst der freie Fall, bei dem wir sie nicht spüren, ist ein Beweis der Schwerkraft. Im freien Fall, wie z.B. bei den Astro- und Kosmonauten im Orbit, fällt alles gleichermaßen um die Erde herum und es wäre töricht sie zu leugnen, gäbe es ohne sie nicht einmal einen Orbit, also eine Bahn um die Erde.

Wenn etwas keines Beweises bedarf, dann ist es die Existenz der Schwerkraft, der niemand nirgends entkommen kann, ist sie doch auch nicht abschirmbar, was ihre Vorrangigkeit zeigt, deren Kenntnis jedoch eingesetzt werden kann, um ehrgeizige Ziele zu erreichen, z.B. in der Raumfahrt, wo man heute schon im interplanetaren Raum Sonden auf Meteoriten landen lässt. Seien wir also klug und respektieren das, was niemand guten Gewissens bestreiten kann: die Einheit von allem, was existiert.

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS
I. Rationale Grundlagen der Physik
C.Texte zur Kosmologie und Raumfahrt
(I/C7) Die Lehre von der Allgewalt der Schwere. Szene Faust/Newton
http://www.helmut-hille.de/schwere.html


Helmut Hille
Das Geheimnis der Geburt
15.12.2016
Es war wiedereinmal Zeit zuhause für die Weihnachtsdeko zu sorgen. Zuerst stellte ich den Lichterbogen auf. In dessen Mitte steht die Geburtsszene mit der Anbetung des Kindes durch Maria und Josef, den Hirten und den Heiligen Drei Königen. Und wie ich die Szene so auf mich wirken lies, kam sie mir wie ein Gleichnis vor, dass sie zwar sowieso ist, aber die Geburt selbst als ein Gleichnis von noch viel allgemeinerer Art. Alles in der Welt beginnt mit einer Geburt. Sogar der von uns bewohnte Kosmos hat einmal angefangen zu existieren und man weiß nicht, wo er herkam und warum er da ist, während - wie ich denke - das Universum selbst ohne Grenzen in Raum und Zeit ist und somit der Ursprung von allen. Und wie das Kind in der Krippe zwar eine irdische Mutter hat, Maria, als Vater aber den Heiligen Geist, der nicht von dieser Welt wäre, so ist eigentlich jede Geburt von einem Geheimnis umgeben. Mit jeder Geburt kommt etwas Neues in die Welt, was vorher nicht da war. Und selbst wenn uns beide Eltern bekannt sind, ist das Kind doch etwas von ihnen Verschiedenes. Der Vorsokratiker Parmenides (um 540 - 480 v.Chr.) formulierte das so: "In der Mitte (des Weltsystems) aber ist die Göttin, die alles lenkt; sie waltet überall der weherfüllten Geburt und Mischung und sendet das Weib dem Manne, den Mann dem Weibe zur Paarung." "Denn es ist immer dasselbe, was da als Art der Glieder auch in den Menschen sinnt: bei allem und jeden - das Mehr an Mischung nur ist ihnen Gedanke."

Das ist das Geheimnis des Schöpferischen, dass aus etwas Bekannten durch "Mischung" Neues entsteht. Es ist zwar auch geheimnisvoll, dass sich Zellen teilen, doch entsteht jedesmal wieder dieselbe Zelle. Aus einer Vereinigung verschiedener Partner aber tritt etwas Neues in die Welt. So ist es schon bei den Atomen. Aus der innigen Verbindung von Wasserstoff, dem einfachsten Atom, mit Sauerstoff entsteht Wasser, von dem man bis heute nicht weiß, wo es zu dieser Verbindung kam: im Weltall oder hier auf der Erde. Aber das chemisch Neue entsteht immer nach außen hin, während die Bestandteile des Atoms immer die gleichen sind, nur in verschiedener Anzahl und Anordnung.

Da man in allen Bereichen das Neue, was da kommt, den beteiligten Partnern nicht ansieht, es also nicht abgeleitet und damit vorausgesagt werden kann, beunruhigt es jene, die glauben und wünschen, zur inneren und äußeren Sicherheit alles genau berechnen zu können. Das gelingt schon bei den Quanten nicht, weshalb Physiker sich bei ihnen mit Wahrscheinlichkeiten zufrieden geben müssen. Wer genügend sensibilisiert ist, wird sich den Dingen mit einer gewissen Demut nähern, in der weisen Einsicht, dass die Realität alle Denkbarkeit übersteigt. Der Wissensillusionen ledig, fängt der Weise an zu verstehen. Lassen wir gelten, dass es das Geheimnisvolle der Geburt gibt, dann bleiben wir in der Fülle des Seins, von dem der Heilige Geist als Metapher des Geheimnisvollen ein Zeichen ist.

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS
III. Texte zur Biologie, Evolution und Ethik
(III/1a) Die Generierung des Geistigen. Ein Beitrag zur Neurophilosophie
http://www.helmut-hille.de/page24.html


Sentenzen 2017     zur Sentenzen-Übersicht     nach oben

Dokument: http://www.helmut-hille-philosophie.de/st_2016.html